Sommerinterview

Wer bestellt, soll auch bezahlen: „Die Verschuldung steigt, und die Gemeinde kann wenig tun“

Ladenburgs FDP-Stadtrat Peters spricht im Sommerinterview über Glasfaserausbau, Freibadsanierung - und die Frage, ob Kommunen mehr Unterstützung brauchen.

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Peter Jaschke
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Das Sommerinterview mit Ernst Peters findet auf seiner Gartenterrasse statt. © Peter Jaschke

Ladenburg. Seit 1998 wohnt FDP-Stadtrat Ernst Peters mit seiner Familie in Ladenburg. Der 65-jährige Informatiker ist in Bottrop aufgewachsen und hat seinen Doktortitel an der Technischen Universität Dortmund erlangt. 2008 gründete er mit Freunden in Mannheim den Rotary-Club „Amphitrite“. Beruflich war er beim Burda-Verlag und beim Springerverlag tätig, bevor er 2004 beim FAZ-Verlag IT-Chef wurde. In der passiven Phase der Altersteilzeit angelangt, engagiert er sich halbehrenamtlich als Geschäftsführer im Trägerverein der Ladenburger Draußenschule.

Herr Peters, was bedeutet es einem IT-Fachmann, dass Anfang Juni der Startschuss zum Ausbau des Glasfasernetzes in Ladenburg gefallen ist?

Ernst Peters: Das ist eine einmalige Chance, die Infrastruktur auf den neuesten Stand zu bringen. Wer glaubt, das sei nicht nötig, wird später den Hausanschluss bezahlen müssen, denn Kupfertechnologien sind zu energieintensiv und werden von den Kommunikationsunternehmen zurückgebaut oder nicht mehr angeboten, sobald es geht.

Die Zeiten ändern sich, und auch das Klima ist im Wandel. Sollte sich Ladenburg besser für zunehmend mehr heiße Sommertage wappnen?

Peters: Hitzeschutz ist für Ladenburg kein vorrangiges Thema, weil wir in unserer überschaubaren Stadt viele Grünflächen haben. Diese können bei extremer Hitze von Einwohnern aufgesucht werden. Trotzdem sollen bei zukünftigen Baumaßnahmen Flächen für Bäume eingeplant werden, um bei Hitze auch besser in der Innenstadt verweilen zu können.

Zur Person

Name: Ernst Peters

Alter: 65 Jahre

Geburtsort: Bottrop.

Beruf: Als promovierter Informatiker zuletzt IT-Chef bei der FAZ, derzeit in der Freistellungsphase im Übergang zur Rente ab 1. Januar 2026.

Politik: Mitglied des Gemeinderats seit 2020. Peters rückte damals für Ulla Völkel nach und bestreitet seine zweite Amtsperiode.

Fraktion: Peters gehört der in Ladenburg (bei insgesamt 22 Ratsmitgliedern) seit 2024 wieder zweiköpfigen Ratsgruppe der FDP an und ist als Chef des Ortsverbands auch Mitglied der Freien Demokraten.

Freizeitgestaltung: Der Vater von drei längst erwachsenen Töchtern engagiert sich im Förderverein der Draußenschule und geht gerne Joggen oder Radfahren. pj

Wie empfinden Sie denn das Klima im Gemeinderat?

Peters: Es ist anders als zuvor, da bei der Kommunalwahl 2024 viele neue Mitglieder dazugekommen sind. In einer Phase mit vielen schwierigen Entscheidungen brauchen einige noch Zeit, um sich daran zu gewöhnen, wie komplex die Sachen sind.

Wie das vor allem in der Bevölkerung umstrittene Parkraumkonzept für die Altstadt, das bald beauftragt werden soll?

Peters: Es wird eine Herausforderung, den Bürgern zu sagen, dass es nicht so bleiben kann. Wir haben zu viel Verkehr. Wir müssen Anwohnerparken machen, und wir benötigen ein Leitsystem ebenso wie Gebühren für Parkplätze. Wir haben Fußgänger, Fahrradfahrer und Autos, aber nur einen öffentlichen Raum, und den gilt es zu sortieren. Es wird ausgewogene Kompromisse auf allen Seiten geben müssen. Wir haben durch den Parkraumcheck so viele Erkenntnisse gewonnen, dass wir die Sache fundiert und schrittweise angehen können. Es ist in der Demokratie so, dass man vorher mit allen spricht, abwägt und dann eine Mehrheitsentscheidung fällt.

Das Sommerinterview mit Ernst Peters findet auf seiner Gartenterrasse statt. © Peter Jaschke

Ein weiteres kontrovers diskutiertes Thema ist die geplante Freibadsanierung ab Ende Juli 2026.

Peters: Die von erfahrenen Fachbüros vorgeschlagene Kompromissvariante, die Becken zu trennen, ist charmant. Die Rutsche mit eigenem Landesofa vom Nichtschwimmerbecken zu trennen, gleicht den Verlust an Wasserfläche durch die Verkleinerung dieses Beckens aus. Es hat den Vorteil, dass man die künftig separaten Bereiche besser warten kann. Am derzeitigen Zuschnitt festzuhalten, würde eine Million Euro mehr kosten, die wir nicht haben.

Richtig teuer könnte auch die kommunale Wärmeplanung werden.

Peters: Es ist sinnvoll, dass wir das im Konvoi mit anderen Kommunen angehen. Aber das ist nur der erste Schritt. Wie wir das umsetzen und wer das finanziert, ist noch unklar. Vor diesem Hintergrund erscheint mir Klimaneutralität bis 2040 schwer vorstellbar. Die Stadt kann das kaum selbst stemmen. Unterstützung in Form von Fördergeldern ist nötig.

Ums Geld geht es nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofes auch bei der Kostenbeteiligung von Nachbarkommunen an Neubau und Sanierung einer Schule von besonderer Bedeutung.

Peters: Das Urteil ist da, und das können wir nicht ignorieren. Die Frage ist nur, wie wir das als Kommune umsetzen. Das mit der Brechstange zu versuchen, indem man einfach die Bescheide verschickt, ist nicht der richtige Weg. Die Ladenburger Verwaltung führt deshalb Gespräche mit den Umlandgemeinden, um zu klären, wie wir das gemeinsam lösen können, denn deren Haushaltslage sieht ja auch nicht rosig aus. Jahrzehntelang wurden Schulstädte wie Ladenburg nicht unterstützt. Jetzt ist gerichtlich geklärt, dass sie sich beteiligen müssen. Pro-Kopf-Pauschalen könnten ein Ansatz sein.

Meine Hoffnung ist, dass sich durch die Landtagswahl etwas ändert. Sonst drohen unsere freiwilligen Leistungen zunehmend auf den Prüfstand zu kommen.

Bald kommt auch noch der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung.

Peters: Das ist ein typisches Beispiel dafür, wie der Bund etwas entscheidet, das Land es durchreicht, der Kreis abwinkt und am Ende die Kommunen ein Konzept entwickeln sollen. Dabei reicht der Fördertopf bei weitem nicht aus. Die Stadt steht vor der Aufgabe, eine tägliche Betreuung von acht Stunden an fünf Werktagen zu organisieren – auch in den Schulferien. Derzeit wird mit Schulen gesprochen, ob sie Ganztagsschule anbieten können, was für Eltern und uns als Stadt positiv wäre. In meinen Augen ist das ein Muss. Andernfalls muss die Kommune geeignete Leute für die Betreuung finden.

Sie kritisieren, dass andere bestellen und die Kommunen es bezahlen müssen?

Peters: Ja, das Missverhältnis ist, dass wir 25 Prozent des öffentlichen Haushalts tragen, aber nur 14 Prozent Steuern bekommen. 87 Prozent der Kommunen in Baden-Württemberg schreiben dieses Jahr ein negatives Ergebnis. Die Verschuldung steigt, und die Gemeinde kann wenig tun. Meine Hoffnung ist, dass sich durch die Landtagswahl etwas ändert. Sonst drohen unsere freiwilligen Leistungen zunehmend auf den Prüfstand zu kommen.

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Warum waren Sie dafür, dass die Gebühren für Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkünfte steigen?

Peters: Die rechtlichen Rahmenbedingungen lassen nichts anderes zu. Die Ausgaben für städtische Liegenschaften wurden durch frühere Gebühren nicht gedeckt. Wir reden da über eine halbe Million Euro. Bewohner müssen beim Jobcenter beantragen, dass die Gebühren komplett übernommen werden. Härtefälle wird die Verwaltung dem Gemeinderat vorlegen. Das sind zum Beispiel gut integrierte Familien mit Kindern, die nun in die Sozialhilfe fallen, was ihre Bleibechancen verschlechtert. Ich vertraue jedoch darauf, dass wir Lösungen finden.

Um Wohnraum geht es auch bei der Zukunft des ehemaligen ABB-Areals. Worauf arbeitet die FDP-Fraktion und Sie als Mitglied des Aufsichtsrats hin?

Peters: Die Stadtentwicklungsgesellschaft muss sich selbst tragen. Der Gemeinderat hat die Aufgabe, eine Roadmap als strategischen Plan zur Gesamtentwicklung zu entwerfen. In einem Werkstattverfahren wollen wir uns Lösungen annähern und festlegen, welche Teilareale zuerst entwickelt werden sollen. Alle Konzepte müssen von der Stadtentwicklungsgesellschaft finanziert werden können.

Freier Autor Peter Jaschke ist freier Mitarbeiter seit 1997 und macht überwiegend regionale Berichterstattung, nimmt aber auch Sport- und Kultur-Termine wahr.

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